Entschieden gegen Unsicherheit: Ein Leitfaden für den Umgang mit dem Gerichtsvollzieher

Finden Sie hier Antworten auf die Frage, was ein Gerichtsvollzieher macht. Lowell erklärt, was ein Gerichtsvollzieher pfänden und nicht pfänden darf.

Wenn sich der Gerichtsvollzieher ankündigt oder auch schon direkt vor der Tür steht, hat man meistens ganz viel Stress. Man ist sich der Rechnungen und Mahnungen bewusst, aber hat sie aus den verschiedensten Gründen verdrängt. Doch was macht man, wenn es so weit ist? Muss man den Gerichtsvollzieher reinlassen? Was darf ein Gerichtsvollzieher pfänden? Es gibt viele Fragen, mit denen man sich eigentlich nie auseinandersetzt, bis der Moment gekommen ist, wo man dringend eine Antwort auf diese Fragen braucht.

Was ist ein Gerichtsvollzieher?

Viele kennen den Gerichtsvollzieher aus Film und Fernsehen. Umgangssprachlich klebt er einen „Kuckuck“ auf Möbel und Autos, um sie als Pfand zu markieren und zu beschlagnahmen. Doch was macht ein Gerichtsvollzieher ganz genau? Der Gerichtsvollzieher kann von einem Gläubiger beauftragt werden, um ausstehende Forderungen einzutreiben. Bevor es dazu kommt, sind das Mahn- und Inkassoverfahren jedoch gescheitert und der Gläubiger hat in einem Gerichtsverfahren einen Titel auf den Anspruch der Bezahlung erwirkt.

Dabei sollte man Gerichtsvollzieher und Inkassounternehmen nicht verwechseln. Oftmals schicken Inkassounternehmen auch persönlich Mitarbeiter vorbei, um die offenen Forderungen einzufordern. Mitarbeiter von einem Inkassounternehmen haben keine Befugnis, Sie zu irgendwas zu zwingen und nicht mehr Rechte als jede andere Privatperson. Gehen Sie daher immer sicher, dass sie es mit einem Gerichtsvollzieher und nicht mit einem Inkasso-Mitarbeiter zu tun haben.

Ein Gerichtsvollzieher agiert als Vollstreckungsorgan im Auftrag von Gläubigern, um offene Forderungen beizutreiben. So kann der Gerichtsvollzieher die Vermögensauskunft abnehmen, welche früher als eidesstattliche Versicherung oder Offenbarungseid bezeichnet wurde. Wenn die Forderung der Gläubiger nicht durch Barvermögen oder dem Vermögen auf dem Konto beglichen werden kann, kann der Gerichtsvollzieher eine Ratenzahlung mit Ihnen vereinbaren.

Wenn beide Situationen nicht möglich sind, kann der Gerichtsvollzieher auch Gegenstände pfänden. Diese werden anschließend öffentlich versteigert. Außerdem kann der Gerichtsvollzieher auch einstweilige Verfügungen und Arrestbefehle vollziehen.

Ab welchem Betrag kommt der Gerichtsvollzieher?

Der Einsatz eines Gerichtsvollziehers erfolgt erst, wenn Gläubiger einen gerichtlichen Vollstreckungstitel erwirken, sei es durch ein Urteil oder einen Vollstreckungsbescheid. Dieser berechtigt den Gerichtsvollzieher dazu, beim Schuldner Bargeld oder Wertgegenstände zu pfänden. Es ist also nicht der erste Schritt, sondern folgt auf vorangegangene Mahnungen und gerichtliche Schritte.

Die Frage, ab welchem Betrag kommt der Gerichtsvollzieher, kann man also nicht genau beantworten. Dies kann bereits bei geringen Euro-Beträgen sein, wenn der Gläubiger den Vollstreckungsbescheid bei einem Gericht beantragt und dieser schließlich rechtskräftig geworden ist. Generell lässt sich jedoch sagen, je höher der Betrag ist, umso wahrscheinlicher ist es, dass die Gläubiger die offenen Forderungen titulieren, und den Gerichtsvollzieher zur Durchsetzung beauftragen werden.

Was darf ein Gerichtsvollzieher?

Gerichtsvollzieher sind befugt, Vermögensauskünfte abzunehmen, Sach- oder Taschenpfändungen durchzuführen und unter bestimmten Voraussetzungen sogar die Verhaftung eines Schuldners zur Abgabe der Vermögensauskunft zu vollziehen. Dabei handeln sie stets im Rahmen der geltenden Gesetze. Es ist wichtig zu wissen, dass der Gerichtsvollzieher nicht willkürlich handelt, sondern aufgrund rechtlicher Grundlagen agiert.

Bei den Pfändungen kann der Gerichtsvollzieher eine Sachpfändung durchführen. Bei einer Forderungspfändung durch das Amtsgericht wird Lohn, Gehalt, Rente oder Mieteinnahmen gepfändet – bis zu einem gesetzlich geregelten Freibetrag.

Die Sachpfändung ist das, was am Meisten bekannt ist. Eine Möglichkeit ist die Taschenpfändung, wobei der Gerichtsvollzieher wortwörtlich nach Barvermögen oder Gegenständen in den Taschen oder der Wohnung schaut, um die Forderung einzutreiben. Häufig sind dies Smartphones, Fernseher, Computer, Schmuck, Fahrzeuge oder Antiquitäten. Wenn der Gerichtsvollzieher die Gegenstände nicht mitnehmen kann, wird ein Pfandsiegel angebracht, das umgangssprachlich als „Kuckuck“ bekannt ist. Dadurch darf der Schuldner diese Gegenstände nicht mehr verkaufen oder an einen anderen Ort bringen.

Was darf ein Gerichtsvollzieher nicht?

Es existieren klare Grenzen für das Handeln eines Gerichtsvollziehers. Einschüchterungen oder Bedrohungen sind gesetzlich untersagt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen dienen dem Schutz der Schuldner und sollten bei Unklarheiten oder Unrechtmäßigkeiten eingefordert werden.

Der Gerichtsvollzieher darf auf jeden Fall in ihr Portemonnaie schauen, darf aber nicht das gesamte Bargeld mitnehmen. Nach § 811 Nr. 3 ZPO gilt folgendes Bargeld als unpfändbar:

  • ein Fünftel des täglichen Pfändungsfreibetrags für den Schuldner für jeden Kalendertag – gerechnet ab der Pfändung bis zum Monatsende
  • ein Zehntel des täglichen Pfändungsfreibetrags für jede weitere Person, die mit dem Schuldner einen gemeinsamen Haushalt bewohnt.

Seit dem 1.7.2023 liegt der tägliche Pfändungsfreibetrag bei 64,99€. Dieser wird jährlich angepasst. Allerdings darf der Gerichtsvollzieher im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen einen abweichenden Betrag festsetzen.

Dazu kommt, dass der Gerichtsvollzieher nicht einfach alle Gegenstände mitnehmen darf und man anschließend in einer leeren Wohnung sitzt. Sachen, die für eine bescheidene Lebensführung benötigt werden, sind unpfändbar. Dazu gehören Kleidung, Möbel, Küchengeräte und ein Fernseher. Auch Laptops, Computer, Telefone oder Autos, die für die Arbeit benötigt werden, darf ein Gerichtsvollzieher nicht pfänden.

Muss man den Gerichtsvollzieher reinlassen?

Meist steht der Gerichtsvollzieher nicht spontan vor der Tür. Oftmals schickt er einen Brief mit einem Terminvorschlag zu und bittet, dass man mit den erforderlichen Unterlagen für die Vermögensauskunft in seinem Büro erscheinen soll. Doch wenn er plötzlich klingelt, fragt man sich instinktiv: muss man den Gerichtsvollzieher reinlassen?

Grundsätzlich besteht keine Pflicht, den Gerichtsvollzieher bei seinem ersten Besuch in die Wohnung zu lassen. Dies gibt Schuldnerinnen und Schuldnern die Möglichkeit, sich rechtzeitig über ihre Situation zu informieren und gegebenenfalls die Hilfe einer Schuldnerberatung in Anspruch zu nehmen.

Wenn man den Zutritt verweigert oder den Besuch verpasst hat, wird der Gerichtsvollzieher einen neuen Termin vorschlagen und er kann aufgrund eines richterlichen Beschlusses unter anderem auch die Wohnung durch einen Schlüsseldienst öffnen lassen. Die Kosten dafür müssen Sie tragen.

Wenn sich der Gerichtsvollzieher anmeldet, sollte man die Chance ergreifen und aktiv werden. Wenn man sich kooperativ verhält, kann man in den meisten Fällen eine Stundung oder eine Ratenvereinbarung besprechen, um das Problem aus der Welt zu schaffen. Generell will der Gerichtsvollzieher Ihnen helfen und Sie müssen keine Angst haben, anschließend ohne Bargeld in einer leeren Wohnung zu sitzen. Es ist jedoch ratsam, bei Unsicherheiten oder Fragen professionelle Hilfe zu suchen.

Was passiert, wenn man den Gerichtsvollzieher nicht bezahlen kann?

Wenn man den Gerichtsvollzieher nicht bezahlen kann, weil man bereits sehr bescheiden lebt und die Einnahmen den Freibetrag nicht übersteigen, sollte man sich unbedingt an eine Schuldnerberatung wenden.

Wenn der Gerichtsvollzieher nichts pfänden kann und Sie kooperativ sind, wird es bestimmte Wege geben, sei es eine Ratenzahlung oder eine Stundung.

In ganz seltenen Fällen kann ein Haftbefehl beim Vollstreckungsgericht beantragt werden. Dies geschieht jedoch nur, wenn eine Vollstreckung mehrfach vergeblich endete und der Schuldner die Vermögensauskunft grundlos verweigert hatte. Dies ist jedoch auch ein langwieriger Prozess und solange Sie sich kooperativ und zahlungswillig zeigen, wird sich eine Lösung finden lassen.

Jede Art von Drohung ist darüber hinaus unzulässig.

Fazit

Es ist immer stressig, wenn sich der Gerichtsvollzieher anmeldet. Allerdings ist es seine Aufgabe, den Vollstreckungsaufträgen der Gläubiger nachzukommen. Wenn Sie proaktiv mit dem Gerichtsvollzieher arbeiten, ist es meist gar nicht so schlimm.

Es gibt bestimmte Freibeträge, die der Gerichtsvollzieher nicht pfänden darf, sodass Sie immer genügend Geld für eine bescheidene Lebensführung haben werden. Auch darf der Gerichtsvollzieher nicht ihre Möbel pfänden oder ihr Auto, wenn Sie darauf angewiesen sind aus gesundheitlichen oder beruflichen Gründen.

Die Beachtung der Pfändungsgrenzen und die Kenntnis der eigenen Rechte sind entscheidend, um die Krise zu überwinden und zu einer langfristigen Lösung zu gelangen. Es ist wichtig zu betonen, dass Schuldnerinnen und Schuldner Rechte haben und professionelle Hilfe in Anspruch nehmen können, um die bestmögliche Lösung für ihre individuelle Situation zu finden.

Solche Situationen sind immer anstrengend und mit viel Stress verbunden. Es hilft jedoch immer, darüber zu sprechen. Wenn Sie eine Zahlungsaufforderung von uns erhalten haben, kontaktieren Sie uns und wir können über eine faire Lösung sprechen, speziell für ihre Situation.