Schulden Verjährung in Deutschland erklärt

Erfahren Sie, wann Schulden bei Inkasso oder anderen Gläubigern verjähren. Lowell beantwortet Ihre Fragen und erklärt, welche Schulden nicht verjähren.

Finanzielle Schwierigkeiten und Schulden sind für viele Menschen eine schwere Belastung. Wenn der Überblick verloren geht, Mahnungen ins Haus flattern und Sorgen vor Beitreibungen oder gar Zwangsvollstreckungen aufkommen, scheint die Situation oft schwierig.

Viele verschuldete Personen sehen die Verjährung von Schulden als Ausweg aus ihrer misslichen Lage. Doch was genau bedeutet Schuldenverjährung eigentlich und welche Fristen gibt es?

Daher erläutern wir in diesem Artikel die wesentlichen Grundlagen zur Verjährung von Schulden in Deutschland. Sie erfahren, wann Forderungen erlöschen und welche Handlungen Einfluss auf die Verjährungsfristen nehmen können.

So erhalten Sie einen Überblick, welche Ihrer Schulden noch beizutreiben sind — und bei welchen sich Gespräche über alternative Lösungen anbieten.

Was ist die Verjährung von Schulden?

Unter der Verjährung von Schulden versteht man den Ablauf einer gesetzlich festgelegten Frist, nach deren Ende der Schuldner gegenüber dem Gläubiger die Einrede erheben kann, dass die Forderung verjährt sei und der Gläubiger damit seinen Anspruch auf Rückzahlung der Schuld verloren hätte. Man sagt dann, die Forderung ist verjährt.

Der Schuldner muss also nach Ablauf dieser Frist die Forderung nicht mehr begleichen. Er kann sich auf die sogenannte Einrede der Verjährung berufen. Verjährung bedeutet allerdings nicht automatisch einen Schuldenerlass. Der Gläubiger bleibt auch nach Eintritt der Verjährung weiterhin zur Geltendmachung der Forderung berechtigt und der Schuldner zur Zahlung verpflichtet, soweit er nicht die Einrede der Verjährung erhebt. Zahlt er in Unkenntnis der Verjährung auf die Forderung, kann er diese Beträge nicht zurückverlangen.

Gründe für die Verjährung

Warum gibt es überhaupt Verjährungsregelungen für Schulden?

Es gibt zwei wesentliche Gründe:

  1. Rechtssicherheit: Der Gläubiger soll nicht endlos lange die Möglichkeit haben, seine Ansprüche durchzusetzen. Die Verjährungsfristen bieten ihm ausreichend Zeit, seine Forderungen geltend zu machen. Nach Ablauf dieser Frist und einer erfolgreich erhobenen Einrede der Verjährung entbindet den Schuldner von der Verpflichtung zur Erfüllung der geltend gemachten Forderung oder des geltend gemachten Anspruchs.
  2. Beweisbarkeit: Mit zunehmender Zeit wird eine Beweisführung immer schwieriger. Zeugen oder Belege für einen Anspruch können verloren gehen. Nach Ablauf der Verjährungsfristen kann nicht mehr erwartet werden, dass Schuldner noch Beweismittel für eine erfolgreiche Verteidigung vorbringen können.

Wann verjähren Schulden?

Hier haben wir einige Beispiele und Fristen zusammengestellt, um zu erklären, wann unterschiedliche Arten von Forderungen verjähren, wann die Frist zu laufen beginnt und welche Szenarien einen Neubeginn oder eine Hemmung der Verjährung bewirken können.

Regelmäßige Verjährungsfrist

Die regelmäßige Verjährungsfrist für Schulden beträgt in Deutschland gemäß § 195 BGB drei Jahre. Die Frist beginnt am Ende des Jahres,unter der Bedingung, dass die Forderung im Laufe des Jahres fällig geworden ist, in dem die Leistung erbracht wurde.

Ein Beispiel: Jemand leiht sich am 1. Juli 2021 Geld von einer Bank für einen Monat. Dieses Darlehen muss zurückgezahlt werden. Die Verjährungsfrist von 3 Jahren beginnt aber erst am 31. Dezember 2021. Ab dem 1. Januar 2025 ist die Schuld dieses Darlehens verjährt. Der Schuldner kann sich gegenüber der Bank auf die Einrede der Verjährung berufen. Nach Erhebung der Einrede der Verjährung, darf der Gläubiger diese Forderung nicht mehr geltend machen.

Einfache Faustregel:

Bei Verträgen beginnt die dreijährige Verjährungsfrist für die Rückzahlung meist am Ende des Jahres, in dem der Vertrag abgeschlossen wurde. Bei Krediten beginnt die Verjährungsfrist meist am Ende des Jahres, in dem der Vertrag gekündigt und damit fällig gestellt wurde.

Abweichende Verjährungsfristen

Ausnahmen von der 3-Jahres-Regel:

Manche Schulden verjähren erst nach längerer oder kürzerer Zeit. Zum Beispiel:

  • Für Schadensersatz aufgrund von vorsätzlicher Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung: 30 Jahre.
  • Verbraucherkreditverträge 10 + 3 Jahre (Hemmung + Regelverjährung), nach Titulierung 30 Jahre.
  • Titulierte Forderungen (Urteile, Notarurkunden, vollstreckbare Vergleiche, Vollsteckungsbescheide): 30 Jahre.
  • Festsetzungsverjährung: 7 Jahre
  • Vollstreckungsverjährung: 5 Jahre
  • Ansprüche von Sozialversicherungsträgern wie Krankenkasse oder Berufsgenossenschaft: 4 Jahre (nach Bescheid: 30 Jahre)
  • Verbindlichkeit aus Straftaten: 30 Jahre

Wann verjähren Schulden bei Inkasso?

Werden offene Forderungen zur Beitreibung an ein Inkasso-Unternehmen abgegeben, hat dies keinen Einfluss auf die Verjährungsfrist. Es gelten weiterhin die allgemeinen Regeln.

Die Verjährungsfrist beginnt zum regulären Startzeitpunkt zu laufen, beispielsweise mit Kündigung des Vertrages oder mit Fälligkeit der Forderung.

Überträgt der ursprüngliche Gläubiger etwa eine unbezahlte Rechnung zur weiteren Beitreibung an die Inkasso-Firma, ändert dies nichts an der Verjährungsfrist. Diese beträgt bei Lieferungen oder Dienstleistungen in der Regel 3 Jahre ab dem Entstehenungszeitpunkt.

Hemmung der Verjährung

Während der Verjährungsfrist kann die Verjährung gehemmt werden (§§ 203 ff. BGB). Die Frist hört dann vorübergehend zu laufen auf.

Beispiele für Hemmungsgründe:

  • Der Gläubiger erhebt Klage auf Feststellung des Anspruchs, auf Leistung, auf Mahnverfahren.
  • Das Gerichtliche Mahnverfahren wird eingeleitet
  • Es finden Vergleichsverhandlungen zwischen Gläubiger und Schuldner statt.
  • Die Hemmung dauert so lange, bis der jeweilige Hemmungsgrund wegfällt. Danach läuft die Verjährungsfrist ununterbrochen weiter, bis die vollständige Verjährungszeit abgelaufen ist.

Ein Beispiel:

  • Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt am 01.01.2023.
  • Am 01.01.2024 erhebt der Gläubiger Klage und hemmt damit die Frist.
  • Die Hemmung endet 6 Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens.

Folgen der Verjährung

Ist die Verjährungsfrist abgelaufen, tritt die Verjährung ein. Jetzt kann der Schuldner die Einrede der Verjährung erheben. Er kann die Schuld weiterhin begleichen, ist aber nach erfolgreicher Erhebung der Einrede der Verjährung nicht mehr dazu verpflichtet. In der Praxis bedeutet die erfolgreiche Erhebung der Einrede der Verjährung:

  • Der Schuldner kann nicht mehr mit juristischen Mitteln zur Zahlung gezwungen werden.
  • Die Schuld existiert weiterhin, nur der zivilrechtliche Anspruch auf die Erfüllung der Schuld erlischt.

Aber auch nach Eintritt der Verjährung ist immer noch eine freiwillige Zahlung möglich und das Geleistete kann nicht zurückgefordert werden.

Besonderheiten bei Verbraucherdarlehensverträgen

Bei Darlehen gilt die Regelverjährungsfrist von 3 Jahren nicht immer automatisch. Besonderheiten ergeben sich vor allem bei Verbraucherdarlehen:

Für Verbraucherdarlehensverträge gelten spezielle Regeln. Hier verjähren die Ansprüche des Darlehensgebers nicht bereits drei Jahre nach der jeweiligen Fälligkeit der Raten oder Zinszahlungen.

Nach § 497 Abs. 3 S. 3 BGB ist die Verjährung der Ansprüche des Darlehensgebers beim Verbraucherdarlehen ab dem Eintritt des Verzugs für die Dauer von zehn Jahren von ihrer Entstehung an gehemmt. Dadurch soll vermieden werden, dass der Darlehensgeber allein zur Vermeidung des Verjährungseintritts die Titulierung betreibt, was die Schuldenlast noch weiter erhöhen würde. Die Verjährung ist also  10 Jahre gehemmt ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn. Dieser ist in der Regel der 31.12. des Jahres, in dem die jeweilige Rate fällig geworden ist.

Beispiel:

  • Ein Darlehen mit monatlichen Raten vom 01.01.2023 bis zum 01.01.2033
  • Die erste Rate vom Januar 2023 könnte also frühestens zum 31.12.2033 verjähren.
  • Die letzte Rate dann gegebenenfalls erst im Januar 2043.

Ausnahmen bestehen, wenn durch Vertrag oder Gesetz zwingend eine kürzere Verjährungsfrist gilt. Dies kann z.B. bei bestimmten Bausparverträgen der Fall sein.

Schuldbefreiung durch Verbraucherinsolvenz

Neben der Verjährung gibt es mit der Verbraucherinsolvenz eine weitere Option für eine Schuldbefreiung:

Beantragt ein zahlungsunfähiger Verbraucher beim Amtsgericht die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über sein Vermögen, kann er nach erfolgreichem Abschluss des Verfahrens von seinen restlichen Schulden befreit werden.

Bedingung für die Schuldbefreiung ist, dass der Schuldner sein pfändbares Vermögen zur Schuldentilgung einsetzt. Auch müssen Verbraucher bei Antragstellung bestimmte Mitwirkungspflichten erfüllen und den Treuhändern eine dreijährige Wohlverhaltensperiode zusichern.

Somit gibt es neben der Forderungsverjährung noch weitere Optionen, um einen zumindest teilweisen Erlass von Schulden zu erreichen. Allerdings sollte man nicht einfach auf den Eintritt der Verjährung warten, sondern aktiv eine Lösung mit seinen Gläubigern suchen.

Möglichkeiten der Einigung mit Gläubigern

Selbst wenn Schulden verjährt und damit zivilrechtlich nicht mehr durchsetzbar sind, können offene Forderungen für Betroffene eine große psychische Belastung darstellen.

Daher empfiehlt es sich trotz Eintritt der Verjährung, aktiv auf die Gläubiger zuzugehen, um eine einvernehmliche Einigung zu erzielen.

Folgende Optionen kommen in Frage:

Schuldenbereinigungsplan

Hier vereinbaren Schuldner und Gläubiger eine ratenweise Tilgung der Schulden in einer realistischen Höhe, die sich nach den finanziellen Mitteln des Schuldners richtet.

Schuldanerkenntnis, Stundungs- oder Ratenzahlungsvereinbarungen

Der Schuldner erkennt die Schuld ganz oder teilweise an, der Gläubiger gewährt im Gegenzug eine Stundung oder lässt Ratenzahlungen zu.

Schuldenerlass durch Vergleich

Beide Parteien einigen sich auf einen teilweisen Erlass der Schuld. Im Gegenzug zahlt der Schuldner einen vereinbarten Betrag und wird danach von der Restschuld freigestellt.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die regelmäßige Verjährungsfrist für Schulden in Deutschland drei Jahre ab Entstehen des Anspruchs beträgt. Sie kann durch verschiedene Maßnahmen des Gläubigers gehemmt werden oder auch neu beginnen.

Bei Verbraucherdarlehen gilt eine Sonderregelung mit einer Verjährungsfrist von 10 + 3 Jahren. Mit dem Insolvenzverfahren gibt es zudem die Option auf Schuldbefreiung unter bestimmten Voraussetzungen.

Selbst wenn die Verjährung eingetreten ist, sollten Schuldner wenn möglich eine einvernehmliche Einigung mit den Gläubigern anstreben, z.B. durch Ratenzahlungsvereinbarungen.

Kontaktieren Sie uns gerne bei Fragen

Wir verstehen, dass unbeglichene Forderungen eine große Belastung darstellen können. Gerade wenn sich Schulden über einen längeren Zeitraum angesammelt haben, scheint die Situation oft ausweglos.

Bei Lowell ist es unser erklärtes Ziel, gemeinsam mit betroffenen Schuldnern eine für beide Seiten tragbare Lösung zu finden. Wir möchten Ihnen dabei helfen, einen gesicherten Überblick über Ihre Verbindlichkeiten in unserem Hause zu erlangen und die Erfüllung der Forderungen in überschaubare, leistbare Schritte aufzuteilen.

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